Mein Freund oder Feind: Die Schokolade – Eine kulinarische und persönliche Betrachtung
Mein Freund oder Feind: Die Schokolade – Eine kulinarische und persönliche Betrachtung
Wer jemals versucht hat, Gewicht zu verlieren, kennt ihn gut: den stillen Gegner, der nicht in Kantinen oder auf Speisekarten lauert, sondern diskret im Supermarktregal glänzt. Man könnte ihn übersehen, aber das fällt schwer – zu verführerisch ist seine Erscheinung, zu einprägsam sein Geschmack. Die Rede ist von Schokolade. Milka, Nutella, Ritter Sport – allesamt vertraute Namen, Kindheitserinnerungen in Tafelform, süße Versprechen auf einen kurzen Moment des Glücks.
Doch ist sie ein Freund oder ein Feind? Diese Frage begleitet mich seit Langem – und im Jahr 2025 hat sie eine besondere Brisanz bekommen. Denn mein Vorsatz ist klar: abnehmen, gesünder leben. Zehn Kilogramm mindestens, besser noch zwanzig. Und das bedeutet zwangsläufig: der Schokolade den Kampf ansagen. Aber wie kämpft man gegen einen Gegner, der sich so charmant gibt?
Der stille Komplize der Alltagsroutine
Mein Alltag ist geprägt von Aromen, Texturen und Versuchungen. Seit vielen Jahren betreibe ich die Toro Tapas Bar in Karlsruhe, in der Akademiestraße – ein Ort, an dem Genuss nicht nur willkommen ist, sondern essenzieller Teil der Identität. Neue Kreationen entstehen oft spontan. Eine Sauce wird verfeinert, eine Tapa umgestaltet. Und wer testet? Natürlich ich. Probieren gehört zum Handwerk, das weiß jeder Gastronom. Nur: Es ist ein Handwerk mit Nebenwirkungen.
Zwischen diesen kleinen Bissen sammelt sich rasch ein kalorischer Überschuss an. Lange habe ich das verdrängt – beruflich erfolgreich, privat zufrieden, warum also etwas ändern? Die Antwort kam mit der Erkenntnis, dass Erfolg nicht mit dem eigenen Wohlbefinden verrechnet werden sollte. Also der Entschluss: weniger Kalorien, mehr Achtsamkeit.
Seit Jahresbeginn kontrolliere ich meine tägliche Kalorienzufuhr – nicht dogmatisch, aber diszipliniert. Apps helfen, Wasserflaschen erinnern, Schrittzähler motivieren. Es funktioniert – zumindest meistens.
Die letzte Bastion des Widerstands
Doch es gibt einen Punkt, an dem all diese Mechanismen versagen: den Abend. Wenn der Betrieb langsam zur Ruhe kommt, wenn die Gäste zufrieden nach Hause gegangen sind und die Küche aufgeräumt ist, beginnt ein anderer Kampf. Es ist der Moment, in dem die Disziplin wankt – und die Schokolade ruft.
Eine kleine Ecke Milka zum Abschluss? Ein Löffel Nutella direkt aus dem Glas? Eine halbe Tafel Ritter Sport, „weil es ja nur halbe ist“? Es sind keine Fressanfälle, sondern ritualisierte Ausnahmen. Aber Ausnahmen, die sich hartnäckig halten.
Wissenschaftlich gesehen ist mein Verhalten kein Einzelfall. Studien zeigen, dass Zucker – in Kombination mit Fett – Belohnungssysteme im Gehirn aktiviert, die sich kaum von denen bei Drogen unterscheiden. Der Körper reagiert mit Dopaminausschüttung, das Gehirn lernt: „Das tut mir gut.“ In Wahrheit jedoch sind es nur Sekunden der Befriedigung, gefolgt von Stunden des schlechten Gewissens.
Was spricht gegen Schokolade – und was dafür?
Schokolade, so wird oft betont, enthält Antioxidantien, Magnesium, Theobromin – alles Substanzen, die dem Körper guttun können. Doch diese Inhaltsstoffe finden sich vor allem in dunkler Schokolade mit hohem Kakaoanteil – und nicht in den cremig-süßen Sorten, die den Supermarkt dominieren. Milka & Co. bestehen in erster Linie aus Zucker, Milchpulver und Fett – und davon nicht zu wenig.
Ein 100-Gramm-Riegel enthält durchschnittlich 500 bis 550 Kilokalorien – fast ein Drittel meines Tagesbedarfs, wenn ich abnehmen will. Und das in wenigen Bissen. Auch wenn ich den Rest des Tages kontrolliert esse: Diese eine Tafel kann die Bilanz kippen lassen.
Dennoch ist der völlige Verzicht für viele – und auch für mich – keine realistische Option. Zu sehr ist Schokolade mit Emotionen verknüpft: Trostspender an grauen Tagen, Belohnung nach einem stressigen Service, süßer Abschluss eines gelungenen Abends.
Die Lösung liegt nicht im Verbot, sondern in der Neuverhandlung des Verhältnisses. So wie man einen guten Wein schätzt, ohne ihn täglich zu trinken, könnte man auch Schokolade mit einer ähnlichen Haltung begegnen: als Genussmittel, nicht als Gewohnheit.
Der Wille zur Veränderung
Ich weiß, dass ich diesen Kampf gewinnen werde. Nicht, weil ich mich selbst geißele oder weil ich mir die Freude am Essen verderben möchte – im Gegenteil. Sondern weil ich das Maß wiederfinden möchte, das ich lange verloren hatte.
Schokolade wird dabei nicht verschwinden, aber sie wird ihre Rolle verändern. Vielleicht wird sie zum Wochenendluxus, zur Ausnahme an besonderen Tagen. Vielleicht lerne ich, sie langsamer zu essen, sie wirklich zu schmecken statt zu verschlingen. Vielleicht finde ich Alternativen – nicht im Sinne von Ersatzprodukten, sondern in Form neuer Rituale.
Mein Ziel bleibt klar: 10, besser 20 Kilogramm weniger. Nicht für eine bessere Zahl auf der Waage, sondern für ein besseres Gefühl beim Gehen, Sitzen, Atmen. Für mehr Energie, mehr Selbstvertrauen – und letztlich auch für mehr Genuss, wenn dieser nicht durch Reue getrübt ist.
Eine persönliche Bilanz
Dieser Text ist kein Aufruf zur Askese, keine Einladung zur Selbstkasteiung. Er ist vielmehr ein Zeugnis der Ambivalenz, die viele mit dem Thema Essen verbinden. Schokolade steht dabei nur exemplarisch für die kleinen Dinge, die unser Leben süßer machen – und gleichzeitig schwerer.
Ich schreibe diesen Text als jemand, der täglich mit Lebensmitteln arbeitet, sie liebt, gestaltet, serviert. Aber auch als jemand, der sich die Frage stellt, wie viel Genuss ein gesunder Körper tragen kann – und wann der Genuss zur Last wird.
Am Ende bleibt die Erkenntnis: Die Schokolade ist nicht der Feind. Sie ist auch kein echter Freund. Sie ist eine Herausforderung. Und Herausforderungen sind dazu da, sie zu meistern.
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Meta-Beschreibung:
Ein persönlicher Essay über den Versuch, Gewicht zu verlieren – und der bittersüßen Rolle, die Schokolade dabei spielt. Zwischen Genuss und Verzicht, Disziplin und Leidenschaft.
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Abnehmen, Ernährung, Schokolade, Kalorien, Diät, Genuss, Selbstdisziplin, Essgewohnheiten, Gastronomie, Alltag, Ernährung 2025, gesunde Lebensweise, Essverhalten, Zucker, Versuchung
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